Unsere globale Wirtschaftspolitik, die auf grenzenloses materielles Wachstum ausgelegt ist, hat katastrophale Folgen und zerstört Natur und Umwelt. Sie führt zu einer sozialen Ungerechtigkeit und vergrößert die Armut von Teilen der Gesellschaft. Der Verbrauch an Ressourcen im globalen Norden geht zu Lasten des globalen Südens. Dieses System muss geändert werden hin zu einer gerechten Verteilung des planetaren Wohlstandes im Rahmen der planetaren Grenzen¹.
Die bisherige Wirtschaftsform des Kapitalismus ist maßgeblich für die ökologische Zerstörung und die Spaltung der Gesellschaft verantwortlich. Bisherige Bemühungen die Klimakrise aufzuhalten und soziale Gerechtigkeit in der Gesellschaft herzustellen sind in dem System des Kapitalismus gescheitert. Im Gegenteil nimmt sogar die Zerstörung der Umwelt und Natur und das Auseinanderdriften der Gesellschaft immer weiter zu. Daher scheint die derzeitige Wirtschaftsform des Kapitalismus nicht zukunftsfähig zu sein und muss transformiert werden. Dafür sollte über aktuell bestehende und bekannte Wirtschaftssysteme hinweggedacht werden, hin zu einem gemeinwohlorientierten Wirtschaftssystem mit Überwindung kolonialer, rassistischer Strukturen, Wertschätzung von Berufen nach Verantwortung, Freiheit zur Selbstverwirklichung und Engagement, finanzieller Sicherheit statt ökonomischem Zwang, Solidarität statt Konkurrenz.
Eine Wirtschaftspolitik, die auf Profit und materielles Wachstum ausgelegt ist, verbraucht langfristig alle endlichen Ressourcen, zerstört durch die nicht nachhaltige Nutzung wichtige Ökosysteme und den Lebensraum vieler Arten, und schafft außerdem soziale Missstände. Materielles Wachstum über eine längere Zeit führt zu instabilen Verhältnissen, weil dieses Wachstum durch die Auslegung auf die Ausbeutung endlicher und sozialer Ressourcen die Grundlagen für Konflikte schafft.
Die Globalisierung muss sozial und ökologisch gerecht gestaltet werden. Alle Akteur*innen müssen an der Globalisierung positiv partizipieren können, damit es nicht zu globalen Ungleichheiten kommt, die sich negativ auf das weltweite Zusammenleben auswirken können. Zugleich müssen postkolonialistische und rassistische Strukturen in der Weltgemeinschaft schnellstmöglich abgebaut werden.
Die Verbrennung fossiler Energieträger verschärft die Klimakrise und ist daher so schnell wie möglich zu stoppen. Die Bestrebungen nationaler und internationaler Klimapolitik müssen ein postfossiles Zeitalter einleiten. Energie kann und muss klimaneutral und nachhaltig erzeugt werden.
Bei allem wirtschaftlichen oder politischen Handeln muss der Wert von Natur und Umwelt angemessen berücksichtigt oder überhaupt erst eingerechnet werden. Heutzutage werden Wirtschaftsentscheidungen zumeist ohne den Verlust, die Zerstörung oder die langfristigen Auswirkungen auf Natur und Umwelt kalkuliert. Auch der positive Einfluss der Ökosystemleistungen findet wenig Einfluss in wirtschaftliche sowie politische Betrachtungsweisen und Vorhaben. Die Wertgebung von Natur und Umwelt darf aber nicht damit einhergehen, dass Teile der Umwelt wie beispielsweise Wasser zu einem Spekulationsobjekt werden, mit dem auf Märkten gehandelt wird.
Ein solches Wohlstandsmodell sollte auf das Gemeinwohl abzielen und darum ökologische, wie soziale Kriterien berücksichtigen. Der so geschaffene Wohlstand, von dem die gesamte Gesellschaft durch Bildung, Gesundheit und soziale Absicherung profitiert ist wichtig für den sozialen Frieden. Extreme Unterschiede in der Vermögensverteilung wirken dem entgegen. Für die soziale Gerechtigkeit braucht es eine Umverteilung. Diese Umverteilung und damit eine Verbesserung der sozialen Situation von Teilen der Gesellschaft, die finanziell benachteiligt sind, muss unabhängig und auch in Zeiten von ausstehendem Wirtschaftswachstum umgesetzt werden können.
Ein moderner Arbeitsbegriff beinhaltet den Regenerationsbedarf der menschlichen und natürlichen Ressourcen. Beide unterliegen den Gefahren der Übernutzung und Ausbeutung und müssen daher sozialen und ökologischen Ansprüchen gerecht werden.
Um innerhalb der planetaren Grenzen sozial gerecht zu leben, bedarf es Änderungen der individuellen Lebensweisen. Dieser Verantwortung und Bedeutung müssen sich alle bewusst sein und ihr Möglichstes für eine nachhaltige Lebensweise tun.
Die sozial-ökologische Transformation der Gesellschaft kann nur gelingen, wenn die unterschiedlichen Teilbereiche strukturell und inhaltlich zusammengebracht werden, denn nur dann ist das System dauerhaft nachhaltig tragbar.
Die Gesellschaft muss gestaltet und transformiert werden, wofür es mündige Menschen braucht. Diese müssen dafür an Prozessen und Debatten partizipieren können, wozu es einer Stärkung der strukturellen Demokratie bedarf.
Beschlossen am 27.09.2020
1 Johan Rockström, Will Steffen, Kevin Noone, Åsa Persson, F. Stuart Chapin: A safe operating space for humanity. In: Nature. Band 461, Nr. 7263, September 2009, ISSN0028-0836, S. 472–475, doi:10.1038/461472a.
2 https://www.postwachstum.de/sozial-oekologische-transformation-projekt-eines-rot-rot-gruenen-crossover-20140509 | zuletzt abgerufen am 15.09.2020
3 https://www.vorwaerts.de/artikel/sozial-oekologische-transformation-spd-gewinnerthema | zuletzt abgerufen am 15.09.2020
Wir verweisen auf die anderen Positionspapiere der NAJU und auf die Positionen des Naturschutzbundes (NABU) Deutschland e.V. Die genannten Forderungen sind in ihrer Reihenfolge nicht priorisiert.
Bundesdelegiertenversammlung, 25. – 27.09.2020 in Berlin
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