Egal ob auf Plakaten oder Bildschirmen: Die Botschaft „The World is Looking to You, COP 26“ begleitete uns auf den gesamten Weg zur UN-Klimakonferenz (COP).
In den Bahnhöfen in Brüssel, London und Glasgow sowie im Eurostar sahen wir Bilder von Menschen, denen das Wasser buchstäblich bis zum Hals stand, mit festem Blick schauten sie in die Kamera und
verfolgten scheinbar jeden unserer Schritte. Eigentlich müsste jede einzelne Person, die von der Klimakrise besonders betroffen ist auf der COP sein und gehört werden. Gleichzeitig muss die Welt
auf die COP sehen.
Als Observer ist genau das unsere Aufgabe: Den Verhandelnden auf die Finger gucken, auf Fehler hinweisen und immer, immer wieder betonen, was auf dem Spiel steht. Denn auch die COP muss
diese Welt, die Menschen, sehen. Und so waren für diese COP so viele Beobachter*innen von NGOs aus aller Welt eingeladen wie noch nie zuvor; dennoch war gleichzeitig der Zugang zu den
Verhandlungen und die Möglichkeit diese zu beobachten so begrenzt wie nie zuvor. Wie können wir als Observer unter diesen Bedingungen unsere Rolle erfüllen?
Nun stehe ich, Lisa, im schottischen Regenwetter in der Schlange am Eingang zum Konferenzgelände. Um mich herum stehen Menschen aus aller Welt. Sie warten ebenfalls darauf reinzugehen. Kurz komme
ich nicht umhin mir die Frage zu stellen, ob hier auch Menschen stehen, die aus ganz anderen Gründen hier sind. Menschen die den Klimaschutz ausbremsen und an alten Strukturen festhalten, weil
sie eine Menge Menschen sehr reich gemacht haben. Schnell verwerfe ich den Gedanken wieder und konzentriere mich auf das, wofür wir hier sind und freue mich, dass so viele, vor allem junge
Menschen angereist sind.
Unsere Erwartungen sind groß, so groß wie die Notwendigkeit zu handeln. Über 100 sogenannte World Leader, also Staatschef*innen sind nach Glasgow gekommen. In ihrem Gepäck haben sie vor allem
viele Worte ─ Bla Bla Bla wie Greta so schön sagte. All diese Staatschef*innen ging es um „Ambition“ und „Action“, es müsse „Jetzt“ gehandelt werden. So solle die Klimaneutralität erreicht
werden, aber erst Mitte des Jahrhunderts. Es solle aufgehört werden, Wälder zu roden, aber erst in zehn Jahren. Die Kohle solle im Boden gelassen werden, aber natürlich nicht sofort und und schon
gar nicht in jedem Land. Geld solle auch für Verluste und Zerstörung gezahlt werden, aber auch nicht zu viel und nicht zu bald und am liebsten Geld soll auch das verrechnet werden, das ohnehin
schon gezahlt wird.
Überhaupt tauchen die Wörter „Loss and Damage“ (Schäden und Verluste) immer wieder auf. Geld müsse her, um für die Schäden aufzukommen, die die Klimakrise schon jetzt weltweit verursacht hat.
Zahlen sollen jene, die Hauptverursacher*innen sind, um jene zu unterstützen, die jetzt schon stark betroffen sind. Bei der COP 22 im Jahr 2016 in Marrakesch hatten sich 196 Staaten darauf
geeinigt 100 Mrd. Dollar für die Finanzierung von Klimaschutz und -anpassung zu erreichen. Doch das Thema spielt seitdem bei vielen UN-Klimakonferenzen eine Rolle, eine wirklich faire Lösung
scheint aber noch immer nicht in Sicht zu sein.
Mut macht das alles nicht. Aus unserer Perspektive kommt beispielsweise das Versprechen zu Klimaneutralität Indiens im Jahre 2060 zu spät, aber zumindest hat Indien zum ersten Mal überhaupt Ziele
kommuniziert. Überhaupt erscheint das Thema „Loss and Damage“ furchtbar zynisch, aber zumindest haben die Staaten anerkannt, dass die Verursacher*innen für Schäden aufkommen müssen.
Nach zwei Tagen auf der COP mit beschränkten Zugängen zu Verhandlungen und Konferenzen, langen Schlangen, wenig Sitzgelegenheiten und schlechtem Internet hoffen wir, dass die kommenden Tage
einfacher werden für die Beteiligung der Zivilgesellschaft.
Wenn ich jetzt wieder an die Schlange am Eingang denke, sehe ich vor allem Menschen, die tausende Kilometer weit gereist sind um zu zeigen, dass wir die Verhandlungen im Auge behalten sollen. Und
wir werden sie im Auge behalten!