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Olaf Scholz und die unbequeme kritische Jugendperspektive

Am Dienstag lag fast unser ganzer Fokus gedanklich beim anstehenden Treffen mit Olaf Scholz, an dem Jan von unserer Seite aus teilnehmen sollte. Vorher nahmen Carla, Vera und ich, Undine, aber noch am Morgen an einem Treffen des Netzwerkes „Youth and Environment Europe“ (YEE) and Friends teil. Eine große Herausforderung war es dabei erneut, den Treffpunkt zu finden: Das Gelände der UN-Klimakonferenz ist sehr weitläufig und unübersichtlich. So gibt es zahleiche Zelte mit den sogenannten Pavillons der Länder oder Pavillons von Interessensgruppen wie zum Beispiel den Youth- oder Nature-Pavillon. Darüber hinaus stehen den Teilnehmer*innen Räume für Meetings zur Verfügung, die Delegationen verfügen über eigene Büros. Dann gibt es auch noch ein Pressegebäude. Da die einzelnen Orte nur schlecht ausgeschildert sind und sich die Gebäude von außen sehr ähneln, müssen wir zwischen den Treffen Zeit einplanen, damit wir unser Ziel auch pünktlich erreichen.

Das YEE-Treffen fand dann in gemütlicher Runde in der einzigen uns bekannten Sofa- und Kissenecke des Geländes statt. Es war schön über dieses Netzwerk, in dem wir als NAJU Mitglied sind, noch einmal weitere engagierte Menschen auf europäischer Ebene zu treffen. Auch in diesem Jahr stellte sich heraus, dass bei diesen Treffen überproportional viele Deutsche vertreten sind.  Umso wichtiger finden wir es, auch andere Perspektiven mit abzubilden. Die Verhandlungen für bessere Klimaschutzziele finden schließlich auch auf EU-Ebene statt. Gleich im Anschluss konnten wir an einem Treffen der jungen europäischen Vernetzung teilnehmen. 

Unsere Gedanken waren jedoch bereits bei dem geplanten Scholz Termin, den wir organisieren konnten. Vorher nahmen wir an einer pressewirksamen Aktion teil, bei der wir uns an Olaf Scholz adressierte Botschaften wie „No Gas“ oder „Be renewable“ auf die Hände schrieben und uns symbolisch hinter Aktivist*innen aus dem Globalen Süden stellten, während diese ihre Botschaften an die deutsche Regierung adressierten. Ihre Forderungen möchten wir euch an dieser Stelle mit auf den Weg geben.

Forderungen an Bundeskanzler Olaf Scholz

© NAJU | Undine Fleischmann
© NAJU | Undine Fleischmann

Sofia Gutierrez, Fridays for Future, Kolumbien

"The youth, especially the indigenous communities affected by the German extractivist projects, is watching the chancellor to stop human rights violations in Colombia."


Gabriel Klaasen, Project 90 by 2030, Südafrika

"I am calling for Mr. Scholz to end fossil fuels and push for renewable energy. Youth and frontline communities in South Africa and the broader African continent do not want gas, coal and oil."

© NAJU | Undine Fleischmann
© NAJU | Undine Fleischmann

© NAJU | Undine Fleischmann
© NAJU | Undine Fleischmann

Alab Mirasol Ayroso, Youth Advocates for Climate Action Philippines (YACAP), Philippinen

"I hope to see the political will of chancellor Scholz and follow up on his promises of financing rehabilitation and adaptation to those most affected by the climate crisis."

 


Mcivan Vamboi, Catholic Youth Organization Sierra Leone (CYO), Sierra Leone

"Humanity's entire life support system hinges on the well-being of all factors of the environment."

© NAJU | Undine Fleischmann
© NAJU | Undine Fleischmann

Das anschließende Treffen mit Olaf Scholz kann von unserer Seite insofern als Erfolg angesehen werden, als dass die Tageschau den Termin als das schwierigste Treffen für den Bundeskanzler während der UN-Klimakonferenz  in frostiger Atmosphäre bezeichnete. Während die Aktivist*innen ihre Statements stark vorgetragen haben, war hörte Scholz zu. Leider reagierte er aus unserer Sicht in keiner Weise zufriedenstellend auf die vorgebrachten Forderungen. Wir hätten uns statt Standardphrasen und Wiederholungen alter Reden natürlich Empathie und neue Zusagen zu einem härteren Klimaschutzkurs gewünscht. Nichtsdestotrotz sind wir sehr froh, die Gelegenheit für so ein langes Treffen von 45 Minuten bekommen zu haben, um unsere Forderungen an ihn zu adressieren und ihn wachzurütteln. Es braucht weitere Treffen dieser Art um die Politik an ihre Verantwortung zum Handeln zu erinnern!

© Bundesregierung | Thomas Imo
© Bundesregierung | Thomas Imo

Nach dem Termin mit Olaf Scholz sind wir zum deutschen Pavillon gegangen. Dort nahm die Schwester des politischen Gefangenen Alaa Abd El Fattah, Sanaa Seif, an einer Paneldiskussion teil. Alaa Abd el-Fattah zählt zu den wichtigsten Stimmen des Arabischen Frühlings in Ägypten. Immer wieder sperrte das ägyptische Regime den Aktivisten ins Gefängnis. Auch jetzt befindet er sich wegen seiner Ideen und Worte zu Unrecht in Haft. Seit Monaten befindet sich El Fattah deshalb im Hungerstreik. Zur UN-Klimakonferenz wollte er auch das Trinken einstellen. Seine Schwester Mona Seif berichtete am Donnerstag auf Twitter, dass an ihrem Bruder ein „medizinischer Eingriff mit Wissen der Justizbehörden durchgeführt wurde“.  Weder Familie noch Anwalt seien zuvor darüber informiert worden.

 

Weil die Situation so brisant ist, nahmen zahlreiche Menschen an der Paneldiskussion teil – darunter die Staatssekretärin und Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik im Auswärtigen Amt Jennifer Morgan. Insgesamt kamen viele Menschen, um die beiden Geschwister zu unterstützen. Auffällig war, dass sehr viele Sicherheitskräfte bei dem Event anwesend waren. Später störte Amr Darwish, Mitglied des ägyptischen Parlaments, bewusst das Event, berichtet das unabhängige Magazin Mada Masr. So soll der Anhänger des Regimes Alaa Abd El Fattah als Lügner bezeichnet haben. Fragen, die dem ägyptischen Regime zugeneigt waren, sollten den Aktivisten diskreditieren. UN-Sicherheitskräfte eskortierten Darwish später raus. Berichten zufolge hat ein regimenaher Anwalt mittlerweile Klage gegen Sanaa Seif eingereicht. Der Guardian schreibt, der Anwalt beschuldige sie der Verschwörung mit ausländischen Behörden gegen den ägyptischen Staat, ausländischer Agitation und Hetze gegen den ägyptischen Staat und seine Institutionen sowie der vorsätzlichen Verbreitung falscher Nachrichten.

 

Gerade solche Ereignisse zeigen die Notwendigkeit, dass wir als privilegierte Menschen aus einem demokratischen Land, sich zu solchen Themen kritisch äußern müssen.  Wir können Ereignisse nicht einfach hinnehmen und unter den Teppich zu kehren.

Wir als Jugenddelegation NAJU for Climate haben aus diesem Grund auch einen Offenen Brief an die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock mit unterzeichnet. Darin fordern wir sie gemeinsam mit  Aktivist*innen von Fridays for Future, der Klimadelegation, der Katholischen Landjugendbewegung, Germanzero und weiteren Menschen auf, sich für die Freilassung von Alaa Abd EL Fattah einzusetzen. 

 

Mein Tag auf der COP endete nach dem kritischen Event doch wieder sehr schön. Wir trafen uns mit anderen Vertreter*innen des BirdLife-Netzwerks in der Green Zone zu einem typisch ägyptischen Essen in gemütlicher Atmosphäre. So hatten wir bei super leckerer Tahina und riesigen Speisenplatten endlich die Möglichkeit auch all die anderen Leute persönlich kennenzulernen, die wir bisher nur als Namen in einer BirdLife-Whatsapp-Gruppe kannten. Weil wir aber nach all den Aktionen sehr müde waren, mussten wir jedoch schon etwas eher aufbrechen, um ein paar Stunden Schlaf zu bekommen. So gut gestärkt, fand unser zweiter Tag auf der COP ein gutes Ende und wir fielen völlig erschöpft ins Bett.

 

Undine

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