NAJU-Position zu Umweltschutz in Zeiten von Corona

Definition und Bedeutung für die NAJU

Die Geschwindigkeit, in der die Coronakrise das öffentliche Zusammenleben zu Beginn dieses Jahres eingeschränkt hat, ist beispiellos. Weitreichende Folgen für die Gesellschaft und Wirtschaft sind abzusehen und womöglich werden Staatshilfen nötig sein. Die NAJU sieht darin nicht nur eine große Herausforderung, sondern auch eine Chance. Durch die verstärkte Förderung klimafreundlicher Produkte und Dienstleistungen kann neben der Bewältigung der Coronakrise auch die der Klimakrise angegangen werden. 

Um dies zu erreichen, fordern wir:

Ein Klimakonjunkturprogramm schaffen: 

  • Ausbau erneuerbarer Energien weiter stärken (vor allem Maßnahmen von Einzelpersonen und Bürgerenergiegenossenschaften fördern)
  • Umweltauswirkungen des Konsums müssen dringend sichtbarer gemacht und eingeschränkt werden.  
  • Investitionen in neue Heizsysteme mit erneuerbaren Energien, in Renovierung und Sanierung für mehr Energieeffizienz usw. fördern 
  • Ausbau des ÖPNV, des bundesweiten Schienennetzes und der Fahrradinfrastruktur 
  • Beibehalten der bereits gesteckten Klimaziele  

Unterstützung von Unternehmen sollten an Bedingungen geknüpft werden: 

  • bei einem staatlichen Einstieg in ein Unternehmen müssen Standards gesetzt oder verbessert werden, die dem Klimaschutz und der Nachhaltigkeit und der Biodiversität dienen 
  • Wirtschaftszweige, bzw. Unternehmensphilosophien, die den Nachhaltigkeitszielen zuwiderlaufen, sollten von staatlichen Zuwendungen ausgeschlossen werden (z.B. Rüstungsindustrie) 

Beide Krisen lassen sich nur durch internationale Solidarität lösen: 

  • die aktuellen Beschränkungen im internationalen Austausch (z.B. geschlossene Grenzen) sind sobald wie möglich aufzuheben 
  • die internationalen Organisationen sind zu stützen und zu stärken (z.B. WHO, UN) 
  • erforderlich ist kein nationales Vorgehen bei den Krisen, sondern internationale Zusammenarbeit und Unterstützung, was trotzdem bedeutet, dass jedes Land seiner eigenen Verantwortung nachkommen muss 

Begründungen

Covid-19 gefährdet die Gesundheit und das Leben vieler Menschen, deshalb gibt es auch in Deutschland weitreichende Einschränkungen des alltäglichen Lebens, deren Folgen kaum abschätzbar sind. Auch die Klimakrise hat jetzt bereits Auswirkungen auf unser Leben. Ihre Folgen werden langfristig die Folgen der Coronakrise weit übertreffen. Deshalb müssen für das Aufhalten dieser Krise ebenso konsequent Maßnahmen umgesetzt werden. Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen dürfen wegen Corona nicht ausgesetzt, sondern müssen vielmehr erweitert werden. Der Umbruch durch die Coronakrise ist ein hervorragender Zeitpunkt, um die Wirtschaft und das gesellschaftliche Leben nachhaltig zu gestalten. Dabei muss sichergestellt werden, dass die Einschränkungen von Grundrechten, wie wir sie in den vergangenen Wochen erlebt haben, eine absolute Ausnahme bleiben. 


In Krisensituationen ist es notwendig sich bei der Wahl von Maßnahmen nach den fundierten Vorschlägen von Wissenschaftler*innen zu richten. In der Coronakrise hat sich erneut gezeigt, dass dies der einzig sinnvolle Weg ist. Beim Klimawandel sind sich 97% der Wissenschaftler*innen weltweit einig, dass dieser durch den Menschen verursacht wird. Auch die Folgen sind bereits detailliert erforscht. In der Klimakrise gibt es ein hohes Maß an wissenschaftlicher Erkenntnis und entsprechender Lösungsansätze, die nun auf politischer und wirtschaftlicher Ebene umgesetzt werden müssen. Es ist daher nicht vertretbar geringere Maßnahmen umzusetzen, als die, die seit Jahren von Wissenschaftler*innen empfohlen werden.


Staatliche Subventionen zur Minimierung der negativen wirtschaftlichen Folgen aus der Corona-Krise müssen so erfolgen, dass sie die Wirtschaft und die Gesellschaft bei einer sozial-ökologischen Transformation unterstützen. Es bedarf einer Änderung unseres Wirtschaftssystems und einer Abkehr vom Dogma des stetigen Wachstums. Stattdessen brauchen wir eine auf das Gemeinwohl und den Umweltschutz ausgerichtete Wirtschaftsweise. Der Ausbau grüner Technologien muss dabei gefördert werden, um zukünftig ressourcenschonend und nachhaltig zu wirtschaften, Arbeitsplätze langfristig zu sichern und eine Dekarbonisierung des Wirtschaftssektors zu erreichen. Progressiv gestaltete Maßnahmen rufen eine langfristige Reduktion der Emissionen hervor, während der jetzige Rückgang der anthropogenen Treibhausgasemissionen als Folge der abnehmenden Wirtschaftsleistung nur kurzfristig ist. Die derzeitige Reduktion der Emissionen wird sehr wahrscheinlich nach der Coronakrise durch das Ankurbeln der Wirtschaft wieder schnell aufgehoben werden. Es sollte nun endlich langfristig gehandelt und vor allem ökologische und faire Unternehmen unterstützt werden, die Kreislaufwirtschaft betreiben und kurze Produktionsketten haben. 
Zum Schutz vor zukünftigen Pandemien muss bei der Prävention der Schutz der Artenvielfalt eine größere und entscheidendere Rolle spielen. Durch den derzeitigen, dramatischen Rückgang der Artenvielfalt begünstigen wir die Entstehung und Ausbreitung von Mutationen von Viren, um die Artenbarriere zum Menschen zu überwinden. Der Erhalt von Ökosystem und der Artenvielfalt ist daher eine fundamentale Maßnahme zur Vermeidung zukünftiger Pandemien.

 

Im Kampf gegen die Coronakrise müssen wir miteinander solidarisch sein und uns an notwendige Einschränkungen halten, um unsere Mitmenschen und uns zu schützen. Genauso können wir die Klimakrise nur durch Solidarität aller Menschen überstehen. Die Ärmsten und Schwächsten sind in beiden Krisen die am stärksten Betroffenen. In dieser Coronakrise versuchen wir alle die Personen zu schützen, denen keine Mittel zur Bekämpfung des Virus oder dessen Folgen zur Verfügung stehen. Auch die Folgen der Klimakrise werden zuerst die Ärmsten von uns am meisten treffen. Denn ihnen stehen keine finanziellen Mittel zur Verfügung, um sich vor den Folgen des Klimawandels zu schützen oder Schäden auszugleichen. Stark betroffen sind vorwiegend auch ältere Menschen als größte Risikogruppe. Erwartet wird in der Coronakrise vor allem von der jungen Generation Solidarität und Rücksichtnahme gegenüber der älteren Generation. Diese Solidarität erwarten wir umgekehrt in der Klimakrise, die uns in Zukunft stark betreffen wird. Gerechtigkeit, intergenerationell und intragenerationell ist ein zentrales Ziel der Bewältigung einer gemeinsamen Krise.  


Trotz der andauernden Bedrohung durch die Pandemie und der unterschiedlich großen Herausforderungen der einzelnen Personen in der Gesellschaft können sowohl Entscheidungsträger*innen aus der Politik, als auch jede*r Einzelne aus der derzeitigen Situation die Erkenntnis gewinnen, dass große Krisen mit Entschlossenheit bekämpft werden können. Wir lernen durch die Krise, dass notwendige Maßnahmen, die zur Vermeidung eines bestimmten Kipppunktes beitragen, mit den nötigen Ambitionen und politischen Hilfsmitteln tatsächlich umgesetzt werden können. Die daraus resultierenden Erfahrungen müssen nun genutzt werden, um auch dem Klimawandel mit der gleichen Entschlossenheit und Geschwindigkeit zu begegnen.


Insgesamt müssen wir aus der Bekämpfung von Covid-19 lernen, wie wichtig es ist frühzeitig wissenschaftlich begründete Maßnahmen zu ergreifen, um gefährliche Kipppunkte zu vermeiden, die ein System zum Kollabieren bringen können.

Das Positionspapier zum Download

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2020-06-29 NAJU und Corona_final.pdf
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Kontakt zur NAJU

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