In einer Demokratie sind die Beteiligung und die Mitbestimmung der Bevölkerung an den Entscheidungsprozessen in Politik und Gesellschaft von zentraler Bedeutung. Davon sind auch Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene¹ nicht ausgenommen. Im Sinne einer generationengerechten Gesellschaft ist es essentiell, dass auch junge Menschen an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen teilhaben können. So ist in der UN-Kinderrechtskonvention im Artikel 12 „Berücksichtigung des Kindeswillens“ festgehalten: „(1) Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife.“² Dies wird auch in Deutschland im Sozialgesetzbuch 8 aufgegriffen.
nicht ausgenommen. Im Sinne einer generationengerechten Gesellschaft ist es essentiell, dass auch junge Menschen an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen teilhaben können. So ist in der UN-Kinderrechtskonvention im Artikel 12 „Berücksichtigung des Kindeswillens“ festgehalten: „(1) Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife.“² Dies wird auch in Deutschland im Sozialgesetzbuch 8 aufgegriffen.
Junge Menschen haben nicht nur das Recht auf Meinungsäußerung bei Belangen, die sie betreffen, sie haben auch das Recht Entscheidungen zu beeinflussen, die sich auf ihre Lebensrealität und/oder ihre Zukunft auswirken. Dahingegen ist in letzter Zeit ersichtlich, dass es in Deutschland zu wenig politischen Willen zu geben scheint, die Position junger Menschen zu stützen. Stattdessen wird eine in vielen Belangen grundlegend jugendinkompatible Politik durchgesetzt, die langfristig zur Zersetzung des Wohlstands und der Lebensumgebung der derzeit jungen und aller ihnen folgenden Generationen führen muss. Besonders im Hinblick auf die Klimakrise werden zurzeit Entscheidungen getroffen, die das zukünftige Leben der jungen Menschen stark beeinflussen. Es kann nicht sein, dass junge Menschen bei solchen Entscheidungen kein Mitspracherecht haben. Zukünftig müssen daher junge Menschen vielmehr gehört und eingebunden werden. Auch im Rahmen des Nationalen Aktionsplans Bildung für nachhaltige Entwicklung werden junge Menschen als „unverzichtbare Partner, wenn es um die Gestaltung von Zukunft und Transformation geht“³, angesehen.
In Deutschland ist die Beteiligung junger Menschen in letzter Zeit vermehrt gefördert und umgesetzt worden. Das ist eine sehr positive Entwicklung. Der NAJU als Jugendverband geht es jedoch nicht nur darum, dass junge Menschen beteiligt werden, sondern auch wie sie beteiligt werden. Im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung sollte es jungen Menschen durch Beteiligung ermöglicht werden, zu lernen an politischen und gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen zu partizipieren. Damit das gelingt, braucht es eine ernst gemeinte Beteiligung. Jugendbeteiligung muss selbstverständlich sein. Wo sollen junge Menschen beteiligt werden?
Die Beteiligung junger Menschen sollte nicht die Ausnahme, sondern die Regel sein. Junge Menschen sollten bei allen Verhandlungen, die ihre Lebensrealität und/oder ihre Zukunft betreffen, teilhaben und das Ergebnis beeinflussen dürfen. Hierfür gibt es nicht einen bestimmten Ort, an dem die Beteiligung stattfinden soll. Vielmehr findet Jugendbeteiligung überall dort statt, wo das Leben junger Menschen beeinflusst wird: In Vereinen und Verbänden, im Alltag und in der Politik.
Die NAJU lebt Jugendbeteiligung sowohl innerhalb der Organisation, als auch durch Vertretungen nach außen. Beispiele dafür sind die Jugenddelegationen der NAJU zur Weltklimakonferenz oder zur internationalen Biodiversitätskonferenz, die Beteiligung jugendlicher Vertreter*innen der NAJU bei politischen Formaten auf Bundes- und auf Landesebene, sowie die Beteiligung junger Menschen innerhalb von NAJU und NABU über demokratische Entscheidungsgremien.
Niemand kann besser für die Interessen und Bedürfnisse der Jugend sprechen, als die jungen Menschen selbst. Sie sind die echten Expert*innen in ihrer Lebenswelt und sollten auch als solche respektiert und involviert werden.
In Jugendverbänden sammeln sich junge Menschen mit ähnlichen Interessen. Durch die Wahl von Vorständen und Beauftragten auf den verschiedenen räumlichen Ebenen stimmen die jungen Menschen für Vertreterinnen, die in ihrem Namen ihre Interessen weitertragen und dafür eintreten sollen. Vertreterinnen von Jugendverbänden sind demokratisch gewählt und so legitimiert. In Beteiligungsprozessen sollten daher immer auch die Vertreter*innen von Jugendverbänden einbezogen werden, die bereits für die Interessen einer großen Gruppe junger Menschen einstehen. Auch der Deutsche Bundesjugendring fordert dies in seinem Positionspapier: „Interessenvertretungen müssen als solche anerkannt und in ihrer Vertretungsfunktion einbezogen werden, besonders wenn die Prozesse und Fragestellungen abstrakt sind.“⁴
Junge Menschen sind in ihrem Alltag in formalen Bildungsstrukturen, wie Schulen, Ausbildungsbetrieben oder Universitäten eingebunden. Darüber hinaus engagieren sich viele ehrenamtlich in den unterschiedlichsten Bereichen. Diese zusätzliche Tätigkeit sollte von Institutionen auf allen Ebenen anerkannt und Wert geschätzt werden, denn sie ist keinesfalls selbstverständlich. Formale Bildungsinstitutionen sollten daher durch Freistellungen den jungen Menschen entgegenkommen. Zudem sollten Institutionen auf allen Ebenen Ehrenamt noch mehr als Leistung wahrnehmen und Wert schätzen, wie es bereits bei standardisierten Leistungsnachweisen (z.B. Zertifikate und Noten) der Fall ist.
Jugendverbände sind die institutionalisierte Form von Jugendbeteiligung. Von der Ortsebene bis zur Bundesebene werden die Aktivitäten in Jugendverbänden in vielen Fällen durch junge ehrenamtliche Menschen gestaltet. Dadurch nehmen Jugendverbände eine wichtige Rolle in der demokratischen Bildung der jungen Menschen ein und sollten dementsprechend stärker durch Bund, Länder und Kommunen finanziell unterstützt werden.
Die Vielfalt der Hintergründe, Eigenschaften und Interessen junger Menschen muss bei der Gestaltung von Beteiligungsstrukturen beachtet werden. Diese sollten so vielfältig aufgebaut sein, wie es ihre Nutzenden sind. Unterschiedliche Methoden und auch Online-Tools sollten die verschiedenen Altersstufen und Fähigkeiten der jungen Menschen abdecken.
Das Engagement junger Menschen ist ebenso zeitlich begrenzt und fluktuierend, wie ihre Lebenssituation. Sie sind in einer Orientierungsphase und probieren viele Dinge aus. Diese Freiheit sollte man ihnen nicht aberkennen, sondern ihr Engagement flexibel unterstützen.
Neben flexiblen Formaten ist auch eine verständliche Sprache wichtig. Jugendbeteiligung ist bei vielen unterschiedlichen Themen notwendig und auch wenn junge Menschen Expert*innen für ihre eigenen Interessen sind, kann nicht von ihnen erwartet werden, dass sie in derselben Intensität sich bereits mit allen Inhalten beschäftigt haben. Fachsprache und wissenschaftliche Theorien sind daher zu erklären und nur wo erforderlich zu nutzen.
Die Beteiligung junger Menschen soll nicht vorrangig dazu dienen die Fragen der Politik zu beantworten und diese in bestimmten Sachfragen zu unterstützen. Vielmehr sollte es selbstverständlich sein, dass junge Menschen in allen Belangen, die ihren Lebensalltag berühren oder in Zukunft beeinflussen, einbezogen werden. Projekthafte, punktuelle Beteiligung vermittelt jungen Menschen das Gefühl, nur nach Gefallen der Politik gefragt und nicht wirklich gehört zu werden.
Junge Menschen haben Energie, sie haben Wissen über ihren Lebensalltag und vor allem haben sie eine Zukunft vor sich, die sie das Recht haben mitzugestalten. Die Beteiligung von jungen Menschen sollte daher so aufgebaut sein, dass sie wirklich die Macht haben den Prozess mitzugestalten, zu lenken und das Ergebnis, bzw. die Entscheidungen zu beeinflussen. Bei Beteiligung darf es nicht um die Bedürfnisse der Politik gehen, sondern um die der jungen Menschen – der zukünftigen Generation.
Vielen jungen Menschen fehlt Erfahrung bei der Arbeit in politischen Prozessen und mit politischen Strukturen. Deshalb ist es bei der Beteiligung junger Menschen besonders wichtig verbindliche Absprachen und konkrete Ansprechpartner*innen zu haben, die bei der Orientierung unterstützen. Dafür sollten junge Menschen Ansprechpersonen haben, von denen sie wissen, dass sie sich bei Fragen ohne Bedenken an diese richten können. Außerdem ist die politische Beteiligung zusätzlicher Zeitaufwand für junge Menschen. Um die Beteiligungsprozesse in ihren Alltag integrieren zu können, ist es essentiell, dass sie sich auf den Termin, den Ort und die Uhrzeit verlassen können.
Um junge Menschen ernsthaft teilhaben und gestalten zu lassen und sie nicht nur für die Imageerhaltung der Politik vorzuladen, ist es notwendig die Beteiligungsprozesse, -ziele und -akteur*innen transparent zu kommunizieren. Nur so können junge Menschen ihren Beitrag zur Diskussion nachvollziehen.
Wirklich gute Jugendbeteiligung stellt im Vorhinein sehr wenige Erwartungen und zeichnet sich durch Offenheit aus. Junge Menschen können kreativ werden, selber Schwerpunkte setzen und Visionen erarbeiten. Dafür braucht es kein eng gestricktes Gerüst, um sie zu lenken. Im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung ist es umso wichtiger den jungen Menschen Freiräume zu geben, damit sie lernen können, sich einzubringen, sich zu strukturieren und gemeinsam mit anderen Lösungen zu erarbeiten. Natürlich machen junge Menschen auch Fehler. Sie verfügen nicht über jahrzehntelange Expertise in bestimmten Themenfeldern. Daher müssen die Rückmeldungen junger Menschen so genommen werden, wie sie kommen.
Beschlossen am 26.09.2020
1 Im Folgenden wird der Begriff „junge Menschen“ verwendet, um die drei Gruppen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zu beschreiben.
2 Unicef: Konvention über die Rechte des Kindes. URL: https://www.kinderrechtskonvention.info/uebereinkommen-ueber-die-rechte-des-kindes-370/https://www.unicef.de/blob/194402/a1bbed70474053cc61d1c64d4f82d604/d0006-kinderkonvention-neu-data.pdf (Zuletzt geprüft am 17.01.2020)
3 BMBF (2016): NationalerAktionsplan Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE): Handlungsfelder. URL: https://www.bne-portal.de/sites/default/files/downloads/06%2007%202016Aktualisierte%20Handlungsfelder%20fuer%20den%20Nationalen%20Aktionsplan%20BNE_St-and%20Juni%202016%20%28002%29.pdf (Zuletzt geprüft am 17.01.2020)
4 DBJR (2018): Wirksame Jugendbeteiligung ist mehr. https://www.dbjr.de/fileadmin/Positionen/2018/2018-DBJR-VV-POSITION-v2-beteiligung.pdf (Zuletzt geprüft am 17.01.2020)
Wir verweisen auf die anderen Positionspapiere der NAJU und auf die Positionen des Naturschutzbundes (NABU) Deutschland e.V. Die genannten Forderungen sind in ihrer Reihenfolge nicht priorisiert.
Bundesdelegiertenversammlung, 25. – 27.09.2020 in Berlin
© Bildnachweis für Foto im Header: NAJU / Janto Trappe