Etwas mehr als die Hälfte der Fläche Deutschlands wird landwirtschaftlich genutzt. Die Landwirtschaft birgt somit riesige Potentiale, artenreiche Kulturlandschaften zu erhalten und Naturschutz auf großer Fläche zu verwirklichen. Jedoch ist die intensive Landwirtschaft, wie sie momentan in vielen Regionen betrieben wird, auch für massive Umweltschäden wie Wasserverschmutzung und Artensterben verantwortlich. Außerdem hat sie gravierende Auswirkungen auf die Gestaltung des Landschaftsbildes und daher auf die Erholungsqualität für die Menschen in Kulturlandschaften.
Die NAJU erachtet deshalb eine ökologisch orientierte, nachhaltige Landwirtschaft, die einen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt leistet und somit im Interesse heutiger und künftiger
Generationen handelt als notwendig.
Zu 1.: Ökologische Landwirtschaft zeichnet sich dadurch aus, dass sie der Natur und Umwelt im Allgemeinen, genauso wie Böden, Pflanzen und Tieren im Konkreten, viel weniger Schaden zufügt als konventionelle Landwirtschaft. Außerdem trägt sie zur Reduktion der Klimagasemissionen bei und muss daher von der Europäischen Union, dem Bund und den Ländern gefördert werden.
Zu 2.: Massentierhaltung schadet der Lebensqualität der Tiere und damit auch ihrer Gesundheit. Zudem wirkt sich die intensive Tierhaltung negativ auf Natur, Umwelt und Klima
sowie auf die Gesundheit der Menschen aus. Daher ist die Massentierhaltung abzuschaffen und eine artgerechte Haltung verpflichtend einzuhalten, schon um die Gefahr weiterer Pandemien sowie
multiresistenter Keime diesem Sektor einzudämmen.
Zu 3.: Chancen und Risiken grüner Gentechnik sind noch zu wenig erforscht, um sie zu nutzen. Mögliche Schäden für Mensch und Natur wie der Verlust der Biodiversität, die
Verdrängung heimischer Arten und gesundheitliche Beeinträchtigungen des Menschen lassen einen Einsatz der grünen Gentechnik ohne weltweit einheitliche Gesetze zur Regulation nicht zu. Die
Einbringung gentechnisch manipulierter, besonders transgener, also Genmaterial anderer Arten enthaltender, Organismen kann einen irreversiblen Eingriff in die natürlichen Ökosysteme darstellen.
Deshalb muss auf den Einsatz grüner Gentechnik verzichtet werden und stattdessen innovative Wege in Pflanzenschutz und Pflanzenzüchtung gefördert werden, wie beispielsweise in der Farm-to-Fork
Strategie gefordert.
Zu 4.: Regionale und saisonale Produkte müssen Vorrang bekommen, da sie eine bessere CO2-Bilanz aufweisen. Außerdem werden regional ansässige Erzeuger*innen gefördert.
Zu 5.: Jährlich werden in Deutschland rund zwölf Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen, 52% davon in Privathaushalten (Quelle: BMEL2020). Politische Maßnahmen wie die
Umstrukturierung des Mindeshaltbarkeitsdatums und die thematische Sensibilisierung müssen durchgeführt werden, um auf allen gesellschaftlichen Ebenen einen Bewusstseinswandel herbeizuführen.
Rahmenbedingungen und Anreize für Unternehmen und Konzerne, die zu einem nachhaltigen Konsum führen, müssen geschaffen werden.
Zu 6.: Monokulturen werden in der Landwirtschaft häufig nicht zur Lebensmittelproduktion genutzt. Außerdem wird durch Monokulturen der Lebensraum für viele Tier- und
Pflanzenarten zerstört. Artenreiche Kleinfelderwirtschaft unterstützt die Biodiversität. Der Anbau alter, erhaltenswerter Sorten soll gefördert werden, da diese häufig robuster sind, gerade
gegenüber Klimaveränderungen und sonstiger Extrembedingungen.
Zu 7.: Synthetische Pestizide haben nicht nur direkten Einfluss auf den akuten Biodiversitätsrückgang, sondern sind ebenso schädlich für unsere Gesundheit. Sie können in Luft,
Boden und Grundwasser genauso zurückbleiben wie in Lebensmitteln. Dadurch können synthetische Pestizide unter anderem krebserregend, Parkinson fördernd und erbgutschädigend wirken.
Zu 8.: Strukturelemente wie Hecken, Feldgehölze und Ackersäume sind im Zuge der Intensivierung der Landwirtschaft und der Flurbereinigung stark zurück gegangen. Sie spielen aber
eine wichtige Rolle als Rückzugsort und Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten in der monotonen Agrarlandschaft. Sie tragen zur Verbindung von Biotopen bei und ermöglichen dadurch die
Wanderung und Verbreitung von Arten zwischen verschiedenen Lebensräumen. Auch schützen Hecken, Feldgehölze und Einzelbäume den Ackerboden vor Erosion durch Wind und tragen entlang von Gewässern
zum Schutz vor Düngeeinträgen ins Wasser bei.
Zu 9.: Häufig sind Nahrungsmittel mit Qualitätssiegeln ausgestattet. Diese sind jedoch für die Verbraucher oft unklar und müssen daher besser erläutert werden. Der
Qualitätsstandard der Siegel muss regelmäßig verbessert werden, insbesondere des EU-Bio-Siegels, da dieses ein Maßstab für andere ist. Mittelfristig sollte EU-Bio der Standard für in der EU
produzierte Lebensmittel werden.
Zu 10.: Agrarimporte schaden regionalen Erzeugern und damit der regionalen Wirtschaft. Außerdem steigern weite Transporte von Lebensmitteln die Emission von CO2 und
-Äquivalenten.
Zu 11.: Bodendegradation führt zum Verlust von nutzbarem Boden, auf dem Pflanzen zur Lebensmittelproduktion angebaut werden könnten. Außerdem führt Bodendegradation zu
Biodiversitätsverlust, einem erhöhten Gehalt von Klimagasen in der Atmosphäre und geht häufig mit einem Lebensraumverlust einher.
Zu 12.: Lebensmittelspekulationen nützen ausschließlich Großerzeugern und Spekulanten. Sie schaden vor allem Kleinbauern. Preissteigerungen gefährden die Nahrungsmittelversorgung
ins-besondere in Entwicklungsländern. Spekulationen mit Lebensmitteln sind unmoralisch und müssen streng verboten werden.
Zu 13.: Landschaftspflegerische Förderprogramme müssen ausgebaut und Förderverfahren vereinfacht werden. Durch übersichtlichere und einfachere Antragstellung muss die finanzielle
Förderung naturverträglicher Maßnahmen in der Landwirtschaft lukrativer gestaltet werden. Außerdem müssen bestehende Förderprogramme wie die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) so umgestaltet werden,
dass sie verstärkt auf ökologische Maßnahmen eingehen. Diese Förderprogramme dienen dazu, die Natur, Landschaft und Landeskultur aus ökologischer Sicht, als Erholungsraum für den Menschen und als
Lebensraum für wildlebende Tiere und Pflanzenarten zu schützen, zu pflegen und zu entwickeln.
Beschlossen auf der Bundesdelegiertenversammlung der NAJU am 12. Oktober 2013 in Karlsruhe. Wir verweisen auf die anderen Positionspapiere der NAJU und auf die Positionen des Naturschutzbundes (NABU) Deutschland e.V.